Flüchtlingspolitik und Integration Mehr Sicherheit und Unterstützung für schutzbedürftige Flüchtlinge

Geflüchtete trafen Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek mit
Geflüchtete trafen Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek am 13. Juni, um über ihre Lebensumstände und Perspektiven zu sprechen© Plan International / Michael Fahrig

Zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni haben das Bundesfamilienministerium und das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF überarbeitete und erweiterte Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften herausgegeben. Die unter der fachlichen Beteiligung unterschiedlicher Partner erarbeitete Neuauflage enthält erstmals auch Leitlinien zum Schutz von Geflüchteten mit Behinderungen und LSBTIQ-Geflüchteten.

Neben Kindern, Jugendlichen und Frauen stehen diese beiden Personengruppen in Flüchtlingsunterkünften vor besonders großen Problemen. Trotz einiger positiver Beispiele können der Schutz vor Gewalt und Missbrauch sowie eine uneingeschränkte Teilhabe und bedarfsgerechte Versorgung in Flüchtlingsunterkünften noch nicht flächendeckend gewährleistet werden. Vielerorts sind Unterkünfte weder kindgerecht und sicher noch barrierefrei.

Bundesfamilienministerin Dr. Katarina Barley:

"Wir brauchen dringend eine bundesgesetzliche Regelung, die Träger von Flüchtlingsunterkünften zur Einführung von Schutzkonzepten verpflichtet. Wir haben dazu einen Gesetzentwurf vorgelegt, der aktuell in der Abstimmung ist. Bei der Einführung von Schutzkonzepten können die erweiterten Mindeststandards als wichtige Orientierungshilfe dienen."

Behörden, Träger und Beschäftigten von Flüchtlingsunterkünften hätten die Pflicht, den Schutz und die Unterstützung für alle Bewohner der Einrichtungen - insbesondere für Kinder, Jugendliche und Frauen - sicherzustellen, betonte auch Kirsten Di Martino von UNICEF.

Praxisorientierte Empfehlungen

Die Neuauflage der Mindeststandards basiert auf den aktuellen Lebensumständen von Bewohnerinnen und Bewohnern von Flüchtlingsunterkünften und deren Rückmeldungen. So befragte Plan International Deutschland geflüchtete Kinder und Erwachsene zu ihrem Schutz in Flüchtlingsunterkünften. Im Rahmen von Gesprächsgruppen und Workshops schilderten 138 geflüchtete Kinder, Frauen und Männer aus Hamburger Unterkünften ihre Perspektive. Ihr Feedback teilte Plan International Deutschland mit dem Bundesfamilienministerium.

Hinzu kommen die Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Behörden sowie Praktikerinnen und Praktikern sowie Verantwortlichen in der Flüchtlingshilfe. Als Konsequenz aus diesen Konsultationen enthält die Neufassung neben den zusätzlichen Kapiteln zur Umsetzung der Mindeststandards für LSBTIQ-Geflüchtete sowie geflüchtete Menschen mit Behinderungen beispielsweise auch überarbeitete Leitlinien zum Monitoring und der Datenerfassung in Flüchtlingsunterkünften.

Hintergrund: Kooperation mit Verbänden und Organisationen

Das Bundesfamilienministerium und UNICEF hatten bereits 2016
Mindeststandards entwickelt, um den Schutz von Kindern, Jugendlichen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften zu gewährleisten sowie den Zugang zu Bildungsangeboten und psychosozialer Unterstützung zu verbessern. Sie erstreckten sich insbesondere auf die Bereiche Personal, strukturelle und bauliche Voraussetzungen, Prävention von und Umgang mit Gewalt- und Gefährdungssituationen sowie dem Monitoring der erzielten Fortschritte.

Die Entwicklung, Überarbeitung und Erweiterung der Mindestschutzstandards fand unter der Federführung des Bundesfamilienministeriums und UNICEF statt. Fachlich beteiligt waren unter anderem die Arbeiterwohlfahrt, die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer e.V., der bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Caritasverband, das Deutsche Institut für Menschenrechte, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie Deutschland, die Frauenhauskoordinierung, das International Rescue Commitee Deutschland, medica mondiale, Plan International Deutschland, Save the Children Deutschland, die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention, TERRE DES FEMMES, der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sowie zahlreiche weitere Verbände, Organisationen und Akteure der Zivilgesellschaft.

Konkrete Hilfen vor Ort

Das Bundesfamilienministerium hat Mittel für bundesweit 100 Koordinierungsstellen für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften bereitgestellt. Zusammen mit den Leitenden der Unterkünfte entwickelten die Gewaltschutzkoordinatorinnen und -koordinatoren spezifische Schutzkonzepte und setzen diese um. UNICEF unterstützt über ein Schulungsprogramm die Beschäftigten der Einrichtungen hierbei sowie bei der Entwicklung kinderfreundlicher Orte und Angebote und dem Monitoring der erzielten Fortschritte. Für die Umsetzung baulicher Schutzmaßnahmen in Flüchtlingsunterkünften können Kommunen vergünstigte Investitionskredite bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch nehmen.