Katastrophen, Notlagen, Konflikte und Kriege weltweit haben in den letzten Jahren und insbesondere im Jahr 2015 zu einem erheblichen Anstieg der Anzahl von Geflüchteten, auch in Deutschland, geführt. Unter ihnen befanden sich zahlreiche Kinder und Jugendliche, die besonders schutzbedürftig sind und deren Schutz durch die UN-Kinderrechtskonvention garantiert ist. Für den Schutz der Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten ist in Deutschland die Kinder- und Jugendhilfe zuständig, die aufgrund des Anstiegs der Betroffenen zunehmend unter Druck geriet (Brinks u.a. 2015).

Doch wie erlebten junge Geflüchtete ihre Ankunft in Deutschland, einer unbekannten Gesellschaft mit fremder Sprache? Fühlten sie sich in Sicherheit und beschützt? Welche Probleme hatten sie, welche Erwartungen, welche unmittelbaren Bedarfe? Bis zum Start dieser Studie gab es wenig empirisches Wissen über die Lebenslagen der Betroffenen, über ihre subjektiven Erfahrungen und die Frage, wie die jungen Geflüchteten selbst ihre eigene Situation wahrnehmen (Kruse u.a. 2012).

An dieser Stelle setzte das Projekt an. Es zielte auf die Exploration der Lebenslagen minderjähriger Geflüchteter in Deutschland und sollte Aufschluss über die Erfahrungen der jungen Geflüchteten mit dem deutschen Hilfe- und Aufnahmesystem geben. Damit erweiterte die Ausrichtung des Projekts den vorherrschenden Diskurs, der sich im Horizont des damals bestehenden Handlungsdrucks in der Fachpraxis um die Sicherstellung und den Ausbau der institutionellen Angebote, die Weiterentwicklung der institutionellen Verfahren sowie die Rekrutierung qualifizierten Personals bewegte.

Im Fokus der Studie stand dabei nicht nur die Gruppe der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die ohne Familie in Deutschland angekommen waren, sondern nahm auch die selten beachteten jungen Geflüchteten in den Blick, die gemeinsam mit Angehörigen eingereist waren.

Im Rahmen der Studie wurde eine teilstandardisierte Befragung von mehr als100 unbegleiteten und begleiteten minderjährigen Geflüchteten mit kurzer und längerer Aufenthaltsdauer in Deutschland bundesweit an 23 Orten durchgeführt.

Aufgrund der bis dahin kaum vorhandenen Daten zur Perspektive jugendlicher Geflüchteter auf ihre Lebenssituation und auf das – für ihre Lebenslage überaus prägende – institutionelle Handeln war die Studie explorativ angelegt (Kleist 2015). Auf deren Basis ist ein weiteres Forschungsvorhaben realisiert worden: „Unbegleitete und unbegleitete geflüchtete Jugendliche - Lebenslagen und Integrationsprozesse aus der Perspektive junger Geflüchteter" (Projektlaufzeit: 01.01.2017-31.12.2018).

Der Bericht über die erste Befragungswelle steht hier zum Download bereit.

Brinks, Sabrina/Dittmann, Eva/Müller, Heinz (2015): Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Kinder- und Jugendhilfe – Aktuelle Entwicklungen. Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, 26. Jg, H. 3, S. 281-285.

Kleist, Olaf J. (2015): Über Flucht forschen. Herausforderungen der Flüchtlingsforschung. In: Peripherie. Zeitschrift für Politik und Ökonomie in der Dritten Welt, 35. Jg., H. 138/139, S. 150 – 169.

Kruse, Jan/Bethmann, Stephanie/Niermann, Deborah/Schmieder, Christian (Hrsg.) (2012): Qualitative Interviewforschung in und mit fremden Sprachen. Eine Einführung in Theorie und Praxis. Weinheim.

Kontakt

+49 89 62306-101
Deutsches Jugendinstitut
Nockherstr. 2
81541 München

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