"Gemeinsam unterwegs:
Identität, Anerkennung, Begegnung"
, Datum: 24.02.2021, Format: Meldung, Bereich: Integration , Integrationsmaßnahme für Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler blickt auf erfolgreiches erstes Jahr

Vor einem Jahr hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge das neue Konzept der Spätaussiedler-Maßnahme nach § 9 Abs. 4 BVFG vorgestellt. Dies bildete den Auftakt für - "Gemeinsam unterwegs: Identität, Anerkennung, Begegnung". Aus einem Modulkatalog können die Träger bedarfsorientiert Themen auswählen und diese in Kursen, Veranstaltungen und Exkursionen bearbeiten.

Olga Royak ist Vorsitzende des Deutsch-Russischen Zentrums "Integration, Bildung, Sozial, Kultur" e.V. in Gießen. Der Verein hat im September letzten Jahres die Maßnahme erstmalig durchgeführt. Im BAMF-Interview erklärt sie, weshalb das Angebot bei der Zielgruppe positiven Anklang gefunden hat.

Portraitbild einer Frau Olga Royak, Vorsitzende des Deutsch-Russischen Zentrums in Gießen Quelle: privat

Frau Royak, Sie haben die Maßnahme "Gemeinsam unterwegs" im vergangenen Jahr erstmalig begonnen. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, diese durchzuführen?

Olga Royak: Grundsätzlich bin ich als Verwalterin des Vereins immer auf der Suche nach neuen Fördermöglichkeiten. In diesem Fall habe ich durch unser Netzwerk, zu dem auch das Integrationsbüro Gießen und der Ausländerbeirat gehört, Vorschläge und Ausschreibungen erhalten und bin dadurch auf die Maßnahme des Bundesamtes aufmerksam geworden. Dabei habe ich direkt gedacht, das passt wirklich gut zu unserem Verein. Der Modulkatalog der Maßnahme ist sehr umfangreich und enthält zahlreiche interessante Themen, das hat mich zusätzlich angesprochen. Auch, dass es bei dem Angebot keine Antragsfrist gibt und die Formate flexibel durchführbar sind, hat mich überzeugt.

Was hat Ihnen besonders gut gefallen und wo waren die Herausforderungen?

Olga Royak: Es war meine erste Erfahrung, was die Zusammenarbeit mit einem Bundesamt angeht. Was wirklich toll war, war, dass ich immer einen Ansprechpartner beim Bundesamt hatte. Ob telefonisch oder per E-Mail – es war immer jemand da, der sich um meine Fragen und Belange gekümmert hat. Die Module an sich, aber auch die Modulgestaltung erlauben uns sehr viel Freiheit. Zum Beispiel das Modul "Erfolgreiche Kommunikation und Konfliktlösungen". Der Inhalt wird in einfacher Sprache und auf niederschwelligem Niveau erklärt, so können auch Sprachbarrieren überwunden werden. Dazu kommen Diskussionen und Input durch unsere Referentinnen und Referenten. Der Bedarf, vor allem was das Thema Familie angeht, ist in unserem Verein sehr groß. Die größte Herausforderung bezüglich der Durchführung war letztes Jahr vor allem die Pandemie. Wie viele Teilnehmer haben Platz in einem Online-Kurs? Wie genau können sie das digitale Angebot nutzen? Dies waren einige der Fragen, die aufgekommen sind.

"Besonders wichtig, eine Brücke zu bauen zwischen uns und der deutschen Gesellschaft"

Welches Feedback haben Sie von den Teilnehmenden erhalten und welche Inhalte fanden besonderen Anklang?

Olga Royak: Das Angebot ist auf sehr viel Interesse gestoßen. Und es ist auch viel über Mund-zu-Mund weitergetragen worden. Auch die Reflexionsgespräche mit den Teilnehmenden und Referenten sind sehr gut ausgefallen. Die Themen haben einfach angesprochen.

Jedoch kamen auch hier wieder die Pandemie-Beschränkungen ins Spiel. Die Teilnehmenden wünschten sich vor allem Interaktion untereinander. Sei es durch gemeinsames Kochen oder Unterhaltungen. Dies war leider nicht möglich. Trotzdem fand die Maßnahme so großen Anklang, dass alle Teilnehmenden weitermachen möchten. Aus einigen Kursen haben sich sogar bereits Selbsthilfegruppen gebildet, um den Kontakt untereinander zu halten bzw. fortzusetzen. Vor allem das Modul "Kommunikation in der Familie" war sehr beliebt. Die Eltern wollen auch nach der Maßnahme weiterhin an diesem Thema arbeiten. In unserem Verein ist es uns besonders wichtig, eine Brücke zu bauen zwischen uns und der deutschen Gesellschaft. Mit der Maßnahme Gemeinsam unterwegs ist dies geglückt.

Wir konnten zum Beispiel bezüglich politischer Bildung und Erziehungskompetenzen viel Wissen vermitteln. Die Teilnehmenden fühlen sich im Verein untereinander wohl und sind daher auch bereit, sich auf Neues einzulassen.

Was raten Sie anderen interessierten Trägern?

Olga Royak: Neben dem positiven Feedback der Teilnehmenden ist es eine gute Möglichkeit auch finanzielle Unterstützung zu erhalten. Genau wie das Bundesamt haben wir das Ziel, unseren Landsleuten Integration und Bildung näherzubringen. Was mich besonders begeistert, ist die Flexibilität des Angebots. Wir hatten Kurse am Vormittag, am Abend und auch an den Wochenenden. Dadurch haben wir sehr unterschiedliche Zielgruppen erreichen können. Für mich war es zudem ebenfalls eine tolle Erfahrung und ich habe viel dazu gelernt. Daher kann ich die Maßnahme nur empfehlen.

Konzept der Spätaussiedler-Maßnahme nach § 9 Abs. 4 BVFG

Am 21. Januar 2020 hat das Bundesamt potentiellen Trägern sowie Vertretern von Landesministerien und Kommunen im Rahmen einer Auftaktveranstaltung das neue Konzept der Spätaussiedler-Maßnahme nach § 9 Abs. 4 BVFG vorgestellt.

Die Kurse, welche nun im Umfang von 50, 100 oder 200 Unterrichtseinheiten durchgeführt werden können, werden durch flexible Formate wie Veranstaltungen und Exkursionen ergänzt. Dies dient dazu, Teilzielgruppen zu erreichen und besondere thematische Aspekte des Modulkataloges individualisiert zu bearbeiten. Um den Trägern hinsichtlich der pandemie-bedingten Einschränkungen größere Variabilität in der Realisierung zu geben, wurden die Durchführungsvarianten der Kurse ab Juli erweitert. Neben reinen Präsenzkursen sind nun auch Online-Kurse sowie geteilte Kurse möglich.