Arbeit und Bildung
Deutschkenntnisse und ein Arbeitsplatz werden immer wieder als "Schlüssel zur Integration" genannt. Wann dürfen Geflüchtete an Integrationskursen teilnehmen? Wann dürfen sie arbeiten? Und wie viele haben bereits einen Job gefunden? In unserer Rubrik haben wir aktuelle Zahlen und Fakten zum Thema zusammengefasst.
Wie viele Flüchtlinge haben Arbeit?
Derzeit haben 632.700 Menschen aus Asylherkunftsländern eine Beschäftigung (Stand: Juli 2023), die meisten von ihnen in sozialversicherungspflichtigen Stellen (540.400). Zudem gab es 92.300 geringfügig Beschäftigte. Die Zahl der Geflüchteten in Arbeit ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen: Im Vergleich zu Ende 2014 – bevor viele Geflüchtete nach Deutschland kamen – gibt es mehr als siebeneinhalbmal so viele sozialversicherungspflichtig Beschäftigte aus Asylherkunftsländern (Ende 2014: 70.000).Quelle
Wie schnell finden Geflüchtete Arbeit?
Mit längerer Aufenthaltsdauer steigt der Anteil der Geflüchteten, die einen Job gefunden haben. Mit Ausnahme eines Einschnitts während der "ersten Welle" der Corona-Pandemie setzt sich ein grundsätzlich positiver Trend der letzten Jahre fort. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat diesen Zusammenhang für Menschen untersucht, die unter anderem in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland kamen. Die Ergebnisse (2023):
- Mehr als die Hälfte, nämlich 54 Prozent der Personen, die vor sechs Jahren kamen, hat einen Arbeitsplatz, davon zwei Drittel in Vollzeit
- 70 Prozent üben eine qualifizierte Tätigkeit aus. Dennoch sind viele unterhalb des Ausbildungsniveaus beschäftigt, das sie vor ihrer Ankunft in Deutschland hatten, und zwar 41 Prozent der Personen, die seit sechs Jahren in Deutschland sind. Zwölf Prozent haben inzwischen eine höhere Ausbildung und eine dem entsprechende Stelle gefunden.Quelle
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie des DIW. Außerdem wird betont: Mehr als die Hälfte aller erwerbstätigen Geflüchteten arbeitet als Fachkraft (rund 60 Prozent). Insgesamt sind es zum Beispiel ein Drittel von allen männlichen Geflüchteten, die in den letzten zehn Jahren nach Deutschland gekommen sind.Quelle
Kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland haben noch die wenigsten Geflüchteten Arbeit – denn sie unterliegen einerseits einem Arbeitsverbot, andererseits haben sie noch keine Sprachkenntnisse. Im ersten Jahr haben nur sieben Prozent von ihnen eine Stelle, nach sechs Jahren sind es 54 Prozent, nach sieben Jahren 62 Prozent.Quelle
Zwischen den Geschlechtern zeigt sich allerdings ein deutlicher Unterschied: So hatten sechs Jahre nach Zuzug 67 Prozent der Männer eine Arbeit gefunden, aber nur 23 Prozent der Frauen. Nach acht Jahren waren 39 Prozent der Frauen in Arbeit.Quelle
Wie viele Flüchtlinge sind arbeitslos?
Anders als bei den Beschäftigungsstatistiken lässt sich bei den Statistiken zu arbeitsuchenden und arbeitslosen Personen angeben, ob diese einen Fluchthintergrund haben. Im Juli 2022 waren rund 537.000 geflüchtete Menschen als arbeitsuchend bei der Bundesagentur für Arbeit oder einem Jobcenter gemeldet. Viele von ihnen befanden sich in Integrations- oder Ausbildungsmaßnahmen und standen somit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. 306.000 Geflüchtete waren im Juli 2022 als arbeitslos registriert.
Aus den "Asylherkunftsstaaten" waren im Juli 2022 328.000 Geflüchtete als arbeitsuchend und gemeldet und 175.000 als arbeitslos. Insgesamt fällt die Zahl der Menschen aus diesen Ländern, die auf Jobsuche sind, etwas höher aus: 438.000 Arbeitsuchende und 235.000 Arbeitslose. Das liegt daran, dass ein Teil der Menschen nicht geflüchtet ist, sondern schon lange in Deutschland lebt. Quellen
Für die Berechnung der Arbeitslosenquote muss auf die Daten zu Menschen aus den häufigsten "Asylherkunftsstaaten" zurückgegriffen werden. Im Mai 2022 betrug deren Arbeitslosenquote rund 29,3 Prozent und war somit deutlich höher als bei der Gruppe der Ausländer*innen insgesamt (11,9 Prozent).Quelle
Was sagen die Arbeitsmarkt-Zahlen aus? Und was nicht? Die Bedeutung der einzelnen Statistiken haben wir in einem Artikel erklärt. Ein FAQ der Bundesagentur für Arbeit mit den häufigsten Fragen gibt es hier.
Wichtige Quellen für dieses Thema sind die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zu "Personen im Fluchtkontext" und zum "Migrationsmonitor". Und außerdem der "Zuwanderungsmonitor" des IAB.
Wie viele Flüchtlinge machen eine Ausbildung?
Wegen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie war es für Unternehmen und mögliche Auszubildende seit 2020 schwieriger zusammenzufinden als in den Vorjahren, so die Einschätzung von Unternehmensverbänden und Forscher*innen. Sowohl die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze (Quelle) als auch die der Bewerber*innen ging zurück (Quelle). Inzwischen dürfte sich die Lage wieder verbessern. Generell hatten Geflüchtete in den letzten Jahren bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz, weil viele Unternehmen Auszubildende suchten.Quelle
Wie viele Flüchtlinge machen eine Ausbildung?
Aktuell befinden sich rund 48.000 Menschen aus den acht häufigsten "Asylherkunftsländern" in einer Ausbildung (Stand: Juli 2021). Während der Corona-Pandemie ist ihre Zahl um rund 15 Prozent zurückgegangen (September 2020: 57.000). Der positive Trend der letzten Jahre wurde damit vorerst gestoppt. Die Statistik erfasst zwar nur die Herkunftsländer und nicht den Flüchtlingsstatus der Auszubildenden; dennoch deutete der starke Anstieg der letzten Jahre darauf hin, dass mehr Flüchtlinge eine Ausbildung beginnen.Quellen
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) registrierte 2020 rund 33.200 Bewerber*innen mit Fluchthintergrund, die als "ausbildungsreif" anerkannt waren. Das sind etwa 5.000 weniger als 2019. Grund sind wohl die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie: Insgesamt ging die Zahl aller Bewerber*innen zurück. Der Anteil von Menschen mit Fluchthintergrund blieb in etwa gleich. Rund 10.400 von ihnen konnten einen Ausbildungsvertrag abschließen, also etwa ein Drittel der gemeldeten Bewerber*innen. Zum Vergleich: Unter "ausbildungsreifen" Bewerbern, die keine Flüchtlinge sind, liegt diese Quote bei rund 50 Prozent. Warum die Quote bei Flüchtlingen niedriger ausfällt, wird zur Zeit vom BIBB erforscht.Quelle
Wer darf eine Ausbildung machen?
Wann Flüchtlinge eine Ausbildung anfangen dürfen, hängt von ihrem Aufenthaltsstatus ab und ist ähnlich wie bei der Arbeitsaufnahme geregelt:
- Anerkannte Flüchtlinge dürfen ohne Einschränkung in Deutschland eine Ausbildung beginnen.
- Asylbewerberinnen und -bewerber können nach drei Monaten eine schulische Ausbildung beginnen. Das gilt jedoch nicht für Asylsuchende aus "sicheren Herkunftsländern": Sie dürfen während des gesamten Verfahrens weder eine Arbeit aufnehmen noch eine Ausbildung beginnen.
- Für Geduldete gilt: Seit dem Inkrafttreten des Integrationsgesetzes im August 2016 haben sie einen Anspruch darauf, für die Zeit einer dreijährigen Ausbildung in Deutschland zu bleiben. Finden sie nach erfolgreichem Abschluss Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht, können sie weitere zwei Jahre bleiben ("3+2-Regelung"). Die Bundesländer sind für die Umsetzung verantwortlich. Bewerber*innen aus "sicheren Herkunftsländern" dürfen auch mit einer Duldung unter Umständen keine Ausbildung beginnen und sind grundsätzlich von der 3+2-Regelung ausgenommen. Quellen
• Regelmäßige aktuelle Zahlen zum Thema bietet die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Publikation "Beschäftigte nach Staatsangehörigkeiten". Sie erscheint quartalsweise, immer mit etwa 6 Monaten Verzögerung.
"Spurwechsel": Wie viel Geduldete machen eine Ausbildung?
Geduldete gelten als "ausreisepflichtig", können aber nicht abgeschoben werden. Sie haben nur wenige Rechte und dürfen meist nicht arbeiten. Seit einigen Jahren haben sie aber die Möglichkeit, wegen einer Ausbildung oder Beschäftigung vorläufig in Deutschland zu bleiben ("Spurwechsel").
Nur wenige Geduldete schaffen den "Spurwechsel": 8.000 Menschen verfügen über eine Ausbildungsduldung (Stand: Mai 2021), wie das Bundesinnenministerium auf Anfrage des Mediendienstes mitteilte. Und rund 1.200 Menschen hatten Ende 2020 eine Beschäftigungsduldung. Zum Vergleich: Insgesamt leben mehr als 220.000 Menschen mit einer Duldung in Deutschland.Quelle
Die Zahl der Ausbildungsduldungen steigt: Seit 2019 hat sich die Zahl der Ausbildungsduldungen mehr als verdoppelt von 3.600 auf über 8.000. Das hat vor allem statistische Gründe. Außerdem steigt der Bedarf bei Unternehmen, die Schwierigkeiten haben, Auszubildende zu finden. Die große Mehrheit der Auszubildenden kommt aus Afghanistan (rund 2.000), aus Gambia, Irak, Iran und Guinea.Quelle
Seit 2016 dürfen Geduldete, die einen Ausbildungsplatz bekommen, für drei Jahre in Deutschland bleiben ("Ausbildungsduldung"). Finden sie nach erfolgreichem Abschluss eine Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht, können sie weitere zwei Jahre bleiben ("3+2-Regelung"). 2020 wurde die Regelung erweitert. Geduldete können nun auch mit einer Beschäftigung in Deutschland bleiben, sofern sie zahlreiche Voraussetzungen erfüllen ("Spurwechsel").Quelle
Was ist eine Duldung?
Mit einer Duldung gilt man als "ausreisepflichtig", kann aber nicht abgeschoben werden. Während dieser Zeit haben Geduldete kaum Rechte und dürfen meist nicht arbeiten, manchmal über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg. Mit zwei wichtigen Ausnahmen: die Ausbildungsduldung und die Beschäftigungsduldung. Diese erlauben einigen Geduldeten ein "Spurwechsel" in einen dauerhaften Aufenthalt. Mehr...
Welche Unternehmen beschäftigen häufig Geflüchtete?
Kleine und mittlere Betriebe beschäftigen verhältnismäßig viele Geflüchtete, nämlich 56 Prozent der Arbeitnehmer*innen aus den acht wichtigsten außereuropäischen Asyl-Herkunftsländern. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2022. Zum Vergleich: Insgesamt arbeiten in solchen Betrieben 43 Prozent aller Beschäftigten. Eine Rolle spielen dabei Vorerfahrungen: Geflüchtete haben bessere Chancen in Betrieben, in denen bereits vorher ausländische Beschäftigte oder Geflüchtete gearbeitet haben.
Die größten Unternehmen beschäftigen vergleichsweise wenige Geflüchtete: Im Jahr 2022 arbeiteten in den 40 großen DAX-Unternehmen nur etwa 6.000 Geflüchtete – davon die allermeisten (5.700, 96 Prozent) bei der Deutschen Post, so eine Recherche des MEDIENDIENST. Quelle
Warum beschäftigen die großen Unternehmen so wenig Geflüchtete?
Ein Grund könnte die Personalrekrutierung sein. Große Unternehmen können sich ihr Personal gewissermaßen als erstes "aussuchen". Geflüchtete seien da möglicherweise nicht die erste Wahl, vermuten Expert*innen. Für sie sei es bequemer, wenn sie jemand einstellen, der schon perfekt Deutsch kann und einen deutschen Abschluss hat.
Außerdem ist die Personalstruktur von DAX-Unternehmen eine besondere. Dort arbeiten überdurchschnittlich viele Hochqualifizierte. Bereiche, in denen nur geringe Qualifikationen gebraucht werden, werden oft "outgesourcet". Die Deutsche Post beschäftigt viele Geflüchtete im Bereich der Zustelldienste. Sie bietet zusätzliche Sprachkurse an sowie Bewerbungstrainings und Mentor*innen-Programme. Quellen
• Zahlen und Hintergründe dazu, warum große Unternehmen seltener Geflüchtete beschäftigten, >> hier
• Im Netzwerk "Unternehmen integrieren Flüchtlinge" sind mehrere Tausend Unternehmen engagiert, die Geflüchtete beschäftigen.
Wann dürfen Flüchtlinge arbeiten?
Für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte gilt: Sie können uneingeschränkt arbeiten. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Asylsuchende hingegen, die sich noch im Asylverfahren befinden, dürfen laut Bundesagentur für Arbeit frühestens nach drei Monaten Aufenthalt in Deutschland arbeiten. Das Gleiche gilt für Menschen, die in Deutschland geduldet werden. Nicht arbeiten dürfen Flüchtlinge, solange sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.Quelle
Eine Ausnahme beim Arbeitsmarktzugang gilt für Asylsuchende aus "sicheren Herkunftsstaaten": Sie dürfen für die gesamte Zeit des Asylverfahrens nicht arbeiten. Auch für Geduldete aus diesen Ländern gibt es keine Arbeitserlaubnis. In einem Artikel hat der MEDIENDIENST die Bestimmungen für Asylbewerber*innen aus "sicheren Herkunftsländern" zusammengefasst. Quelle
Seit August 2019 ist die "Vorrangprüfung" ausgesetzt. Sie besagte, dass Asylsuchende und Geduldete sich zwar um eine Arbeit bemühen können. Allerdings hatten andere zuerst Vorrecht auf die Stelle, nämlich alle deutschen Arbeitnehmer*innen, EU-Bürger*innen und bestimmte andere Ausländer*innen nach dem "Vorrangprinzip".Quelle
Geduldete, die schon länger in Deutschland leben, können seit Anfang 2023 versuchen, über das Chancen-Aufenthaltsrecht einen dauerhaften Aufenthaltstitel zu erreichen. Ausführliche Infos dazu gibt es in unserer Rubrik.
> Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat eine Übersicht zum Thema Arbeitsmarktzugang veröffentlicht.
> Das Bundesarbeitsministerium fasst die wichtigsten Infos in einer Übersicht zusammen.
> Eine gutes FAQ zur rechtlichen Rahmenbedingungen bietet die Initiative "Unternehmen integrieren Flüchtlinge"
Was sind Integrationskurse?
Integrationskurse sind Kurse, die Deutschkenntnisse und Informationen zum deutschen Rechtssystem sowie zur Geschichte vermitteln sollen. Sie wurden 2005 eingeführt und bestehen aus einem Sprachkurs und einem Orientierungskurs:
- Der Sprachkurs soll Kenntnisse bis zum Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) für Sprachen vermitteln. Der Kurs umfasst in der Regel 600 Unterrichtseinheiten und schließt mit dem "Deutsch-Test für Zuwanderer" (DTZ) ab.
- Der Orientierungskurs behandelt die Themen Rechtsordnung, Geschichte und Kultur. Er umfasst 100 Unterrichtseinheiten und schließt mit dem Test "Leben in Deutschland" ab.
Manche Integrationskurse sind auf bestimmte Zielgruppen ausgerichtet. Unter anderem gibt es Alphabetisierungskurse und Kurse für Frauen.Quelle
Wer darf an Integrationskursen teilnehmen?
Berechtigt zur Teilnahme sind ausländische Staatsbürger*innen, die auf Dauer oder schon länger in Deutschland leben – etwa anerkannte Geflüchtete – Menschen aus EU-Staaten und Spätaussiedler*innen. Asylbewerber*innen (unabhängig von ihrer Bleibeperspektive), Personen mit einer Duldung nach § 60a Absatz 2 Satz 3, sowie Personen im Chancen-Aufenthalt haben zwar keinen Anspruch auf die Kurse, können aber teilnehmen falls Kurzplätze verfügbar sind. Nach Auskunft des BAMF an den MEDIENDIENST waren 2023 immer Plätze verfügbar, kein Antrag wurde abgelehnt. Gleiches gilt für deutsche Staatsbürger*innen, die nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen. Personen können auch zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet werden.Quelle
Wie viele Personen nehmen an den Kursen teil?
2022 haben deutlich mehr Menschen einen Integrationskurs begonnen als in den Jahren zuvor: Mit rund 340.000 dreimal so viele wie im Vorjahr. Das liege zum einen an niedrigeren Teilnahmezahlen während der Corona-Pandemie sowie daran, dass rund 200.000 Geflüchtete aus der Ukraine einen Kurs begonnen haben. Insgesamt wurden 2022 rund 634.000 Berechtigungen oder Verpflichtungen zur Teilnahme an den Kursen ausgestellt.Quelle
Woher kommen die Teilnehmenden?
2022 kamen rund 60 Prozent der neuen Teilnehmenden aus der Ukraine. Rund 7 Prozent waren Syrer*innen. Rund 5 Prozent kamen aus Afghanistan, je 2 Prozent aus der Türkei und Rumänien. Die Zusammensetzung der Kurse hat sich in den letzten Jahren stark verändert: 2014 kam knapp die Hälfte der neuen Teilnehmenden aus EU-Staaten. Im 1. Halbjahr 2023 ist die Zahl der Teilnehmer*innen aus der Ukraine etwas zurückgegangen.Quelle
Wie viele legen den "Deutsch-Test für Zuwanderer" ab?
2022 haben rund 126.000 Personen einen "Deutsch-Test für Zuwanderer" abgelegt:
- 62 Prozent erreichten dabei das Niveau B1 ("ausreichende Deutschkenntnisse") des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER),
- 27,5 Prozent das Niveau A2 ("hinreichende Deutschkenntnisse"),
- 10,7 Prozent lagen darunter. Quelle
In den letzten Jahren ist der Anteil der Personen wieder gestiegen, die den Test mit B1 abgeschlossen haben. Erreichten 2019 knapp die Hälfte das Niveau B1, waren es 2021 wieder rund 60 Prozent.
Fachleute kritisieren, dass sich die Integrationskurse nicht ausreichend an die unterschiedlichen Bedürfnisse der neuen Kursteilnehmenden angepasst hätten. Unter anderem seien die Lerngruppen zu groß. Personen aus unterschiedlichen Ländern und mit verschiedenem Bildungsstand lernen in den Kursen zusammen. In den vergangenen Jahren sind die Kurse noch heterogener geworden, darunter leide die Qualität – manche Teilnehmer*innen sind in den Kursen unter-, andere überfordert. Gerade Geflüchtete lernen unter schweren Bedingungen, u.a. fern von ihrer Familie in Gemeinschaftsunterkünften.
Forscher*innen des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache und des Goethe-Instituts sagen in einer Studie: Das Ziel der Integrationskurse sei mit B1 zu hoch gesteckt. A2 würde sich besser als Kursziel eignen.Quelle
Gerade bei den Alphabetisierungskursen gebe es viele Herausforderungen: Die Ausrichtung der Kurse an den Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens berücksichtige nicht, dass Personen erst eine Schrift erlernen müssen. Der Rahmen soll deshalb erweitert werden. Zudem werden andere Sprach- und Schriftkenntnisse der Teilnehmenden kaum im Unterricht einbezogen.Quelle
Das BAMF veröffentlicht einmal im Jahr die Integrationskursgeschäftsstatistik. Vorläufige Zahlen gibt es in der Statistik für das erste Halbjahr.
Kinder aus Flüchtlingsfamilien an Kitas
Geflüchtete Kinder haben ein Anrecht auf einen Kitaplatz. Eine Ausnahme machen viele Bundesländer bei Kindern, die in Erstaufnahmeeinrichtungen leben.
Laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe besuchen Kinder mit Fluchterfahrung (79,2 Prozent) deutlich seltener eine Kindertageseinrichtung als Kinder ohne Fluchterfahrung (96,1 Prozent). Ein häufiger Grund ist, dass sie in ihrer Region keinen Kita-Platz finden. Außerdem hängt die Platzvergabe oft davon ab, ob die Eltern berufstätig sind.
Der Großteil der befragten Eltern wünscht sich, dass ihre Kinder eine Kita besuchen: Sie erhoffen sich Kontakt zur deutschen Sprache (98,2 Prozent), zu anderen Kindern (97,6 Prozent) und zur deutschen Kultur (95,8 Prozent). Von den befragten Erzieher*innen stimmten 94,1 Prozent der Aussage zu, die "Integration von Kindern mit Fluchthintergrund gelingt in ihren Einrichtung insgesamt gut".Quelle
Kinder aus Flüchtlingsfamilien an Schulen
Die Schulpflicht in Deutschland gilt auch für geflüchtete Kinder und Jugendliche. In einigen Bundesländern (Berlin, Bremen, Hamburg, Saarland und Schleswig-Holstein) setzt die Schulpflicht mit dem Asylantrag ein. In anderen hingegen beginnt sie nach drei (wie in Bayern und Thüringen) oder sechs Monaten (wie in Baden-Württemberg). Oft gilt die die Schulpflicht erst, wenn die Kinder die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen haben und einer Kommune zugewiesen wurden. In manchen Erstaufnahmeeinrichtungen erhalten die Kinder gesonderten Unterricht. Unabhängig davon gilt das Recht auf einen Schulbesuch nach Artikel 28 UN-Kinderrechtskonvention.Quelle
Es gibt keine Zahlen dazu, wie viele geflüchtete Kinder und Jugendliche eine Schule besuchen. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) schätzt, dass rund 130.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche zwischen Januar 2015 und März 2018 neu in das Schulsystem eingetreten sind.Quelle
Aus einer Kurzanalyse des BAMF geht hervor, dass 93 Prozent der 6- bis 10-jährigen Geflüchteten eine Schule besuchen, unter gleichaltrigen ohne Fluchthintergrund sind es 98 Prozent. Unter den 15- und 16-Jährigen sind es 87 Prozent der Geflüchteten und 98 bis 99 Prozent der Jugendlichen ohne Fluchthintergrund.Quelle
Laut einer Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe 2021 warten geflüchtete Kinder im Durchschnitt 7,1 Monate nach ihrer Ankunft in Deutschland darauf, am Schulunterricht teilzunehmen. Sie werden öfter in nicht-altersgemäßen Klassenstufen unterrichtet: 40,2 Prozent der 15-Jährigen mit Fluchterfahrung besuchen die Klassenstufen 6-8. Unter den 15-Jährigen ohne Flucht- oder Migrationshintergrund sind es 6,5 Prozent. Für geflüchtete Jugendliche hängt viel davon ab, an welchen Schulen die "Zuwandererklassen" stattfinden, die sie auf den Übergang in andere Klassen vorbereiten sollen. Finden sie an Haupt- oder Realschulen statt, schaffen sie es seltener, ans Gymnasium zu wechseln.Quelle
Eine Studie des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung kommt 2022 zum Ergebnis, dass der Bildungserfolg von geflüchteten Kindern im Grundschulalter sich deutlich reduziert, wenn sie eine Vorbereitungsklasse anstelle einer Regelklasse besuchen. Insbesondere in den Fächern Deutsch und Mathematik sind Unterschiede sichtbar, aber auch in Englisch und den Naturwissenschaften. Außerdem schafften Kinder in Vorbereitungsklassen mit geringerer Wahrscheinlichkeit den Sprung auf ein Gymnasium. Sie landeten häufiger in einer weiterführenden Schule mit einem hohen Migrant*innenanteil. Für die Untersuchung analysierten die Forscherinnen Daten aus den Jahren 2013 bis 2019 aus Hamburg.Quelle
In einer Expertise für den MEDIENDIENST schreiben die Bildungswissenschaftlerinnen Juliane Karakayali und Birgit zur Nieden 2016 zu Berliner "Willkommensklassen": Die separierte Beschulung produziert eine Reihe von organisatorischen Problemen – etwa durch eine hohe Fluktuation in den Klassen. Die Forscherinnen empfehlen, geflüchtete Kinder möglichst schnell in Regelklassen zu integrieren und separaten Deutschunterricht anzubieten.
Flüchtlinge an Hochschulen
Mehr als 3.700 "Studierende mit Fluchthintergrund" haben sich laut einer Umfrage im Wintersemester 2018/2019 neu an deutschen Hochschulen immatrikuliert. Seit 2015 sind über 10.000 Geflüchtete neu hinzugekommen. Knapp 5.200 absolvierten im vergangenen Semester studienvorbereitende Maßnahmen. Über 27.000 nahmen an einer Studienberatung teil.
Flüchtlinge gelten für deutsche Hochschulen als ausländische Studienbewerber. Wie diese müssen sie eine Hochschulzugangsberechtigung und ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen. Um sich einzuschreiben, ist kein bestimmter Aufenthaltsstatus erforderlich. Laut einer Studie der Universität Hildesheim stehen Geflüchtete jedoch vor besonderen Schwierigkeiten, wenn ihr Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist oder sie geduldet werden: Die Wohnsitzauflage für Asylbewerber und Geduldete schränkt die Wahl des Studienorts ein. Zudem sind sie in den ersten 15 Monaten in Deutschland nicht gesetzlich krankenversichert, die Hochschulen verlangen jedoch den Nachweis einer Krankenversicherung.
Zeugnisse, die belegen, dass sie die Hochschulzugangsberechtigung in ihrem Herkunftsland bereits erworben haben, können Flüchtlinge häufig nicht vorlegen. Für diesen Fall hat sich die Kultusministerkonferenz im Dezember 2015 auf ein dreistufiges Verfahren zu Anerkennung geeinigt. Wie dieses in der Praxis umgesetzt wird, bestimmen die Bundesländer selbst.
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Zahlen und Fakten 1,15 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine registriert
Zuletzt gab es Berichte über 1,65 Millionen registrierte Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland. Die Zahl enthält aber auch Personen, die bereits fortgezogen sind. Tatsächlich sind hierzulande rund 1,15 Millionen Personen registriert. Alles zu den Zahlen in unserem Dossier.
Zahlen und Fakten Rund 1 Million Syrer seit Kriegsausbruch registriert
Vor 13 Jahren begannen in Syrien die Aufstände, die zum Bürgerkrieg führten. Heute leben 5 Millionen syrische Flüchtlinge im Ausland, viele von ihnen in Deutschland. Was machen sie aktuell? Und könnten bald viele von ihnen deutsche Staatsbürger*innen werden? Die wichtigsten Zahlen und Fakten.
Flucht und Schule "Flucht sollte als Teil der Schulkultur mitgedacht werden"
Welche Maßnahmen zur Beschulung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen gibt es? Was hat sich verändert zwischen 2015-2016 und heute? Die Forscherinnen Ellen Kollender und Dorothee Schwendowius haben dazu an weiterführenden Schulen in Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz geforscht.